Sonntag, 25. November 2012

Talk 27

F.: Wie übt man das?
M.: »Untersucht man die vergängliche Natur äußerer Dinge, so führt das zu Leidenschaftslosigkeit (vairagya). Deshalb ist die Ergründung (vichara) der erste und wichtigste Schritt. Wenn vichara von selbst weitergeht, folgt daraus, dass Wohlstand, Berühmtheit, Bequemlichkeit, Vergnügen usw. gering geschätzt werden. Der Ich-Gedanke wird für die Untersuchung klarer. Der Ursprung des Ich ist das Herzen – das ist das endgültige Ziel.
Liegt jedoch einem Suchenden die nach innen gerichtete analytische Methode des Weges der Selbstergründung (vichara marga) nicht, dann muss er Hingabe (bhakti) an ein Ideal entwickeln. Sie kann Gott, dem Guru, der Menschheit im Allgemeinen, ethischen Gesetzen oder sogar dem Ideal der Schönheit gelten. Wenn ein solches Ideal vom Individuum Besitz ergreift, werden andere Bindungen schwächer und es entwickelt sich Leidenschaftslosigkeit (vairagya). Gleichzeitig wird die Verbundenheit mit dem Gegenstand der Verehrung immer stärker, bis sie ihn völlig beherrscht. Mit ihr wächst unmerklich die Konzentration (ekagrata), mit oder ohne Visionen und direkte Hilfen.
Falls dem Suchenden weder die Ergründung noch die Hingabe liegt, kann er es mit dem natürlichen Beruhigungsmittel der Atemkontrolle (pranayama) versuchen. Sie ist als der Yoga-Weg bekannt. Ist das Leben eines Menschen bedroht, dreht sich sein ganze Interesse um das Eine, es zu retten. Wird der Atem angehalten, dann kann es sich der Geist nicht leisten, zu seinen geliebten äußeren Objekten zu springen, und er tut es auch nicht. Deshalb ist der Geist still, solange man den Atem anhält. Weil sich die ganze Aufmerksamkeit auf den Atem oder seine Regulierung richtet, werden die anderen Interessen aufgegeben. Leidenschaften werden bekanntlich von einem unregelmäßigen Atem begleitet, während Ruhe und Glück ihn langsam und regelmäßig strömen lassen. Übergroße Freude ist tatsächlich so schmerzhaft wie übergroße Qual, und beide werden von einem gestörten Atem begleitet. Wahrer Friede ist Glück. Vergnügen bringen kein Glück. Der Geist wird durch diese Übung gefestigt und feiner, so wie eine Rasierklinge, die über dem Lederriemen abgezogen wird, scharf wird. Er ist dann fähiger, innere und äußere Probleme zu lösen.
Wenn ein Suchender für die ersten beiden Methoden keine Veranlagung hat und die dritte Methode durch bestimmte Umständen, wie z.B. wegen seines Alters, nicht ausüben kann, dann muss er es mit karma marga versuchen, dem Weg guter Taten, wie etwa der soziale Dienst. Dadurch wird sein edlerer Instinkt entwickelt und er bezieht unpersönliches Glück aus seinem Tun. Sein Ego wird weniger bestimmend und seine gute Seite kann sich entwickeln. So wird er allmählich fähig, einen der drei früher genannten Wege einzuschlagen. Seine Intuition kann sich schon allein durch diese Methode entwickeln.«
F.: »Kann eine Reihe von Gedanken oder Fragen Selbsthypnose bewirken? Sollte man sich nicht auf einen einzigen Punkt beschränken, um das nicht analysierbare, grundlegende, wage wahrgenommene und schwer fassbare Ich zu analysieren?«
M.: »Ja. Es ist tatsächlich so, als ob man in eine Leere oder auf einen glitzernden Kristall oder in ein reines Licht starren würde.«
F.: »Kann man den Geist überhaupt auf diesen Punkt gerichtet halten und wie?«
M.: »Wird der Geist abgelenkt, frage sofort: »Wer hat diese ablenkenden Gedanken?« Das bringt dich sofort zum Ich-Punkt zurück.«
F.: »Wie lange kann der Geist im Herzen verweilen oder gehalten werden?«
M.: »Es wird mit der Praxis länger.«
F.: »Was geschieht nach dem Ablauf dieser Zeitspanne?«
M.: »Der Geist kehrt zu seinem jetzigen normalen Zustand zurück. Die Einheit im Herzen wird durch die Vielfalt der wahrgenommenen Erscheinungen ersetzt. Das nennt man den nach außen gehenden Geist. Der Geist, der ins Herz strömt, nennt man den ruhenden Geist.«
F.: »Ist das alles lediglich ein verstandesmäßiger Prozess oder gehört er überwiegend dem Empfinden an?«
M.: »Letzteres.«
F.: »Wodurch hören alle Gedanken auf, wenn der Geist im Herzen ist?«
M.: »Durch Willenskraft, durch einen starken Glauben an die Wahrheit dessen, was der Meister lehrt.«
F.: »Und was wird durch diesen Vorgang gewonnen?«
M.: a) Die Unterwerfung des Willens und damit die Entwicklung von Konzentration.
b) Die Unterwerfung der Leidenschaften und damit die Entwicklung von Leidenschaftslosigkeit.
c) Die zunehmende Praxis der Tugend und damit das Empfinden von der Gleichheit aller (samatva).«
F.: »Warum sollte man diese Selbsthypnose ausüben, indem man an den undenkbaren Punkt denkt? Warum sollte man nicht andere Methoden üben, wie etwa ins Licht zu schauen, den Atem anzuhalten, Musik zu hören oder auf innere Klänge zu lauschen, heilige Silben zu wiederholen (pranava, i.e. OM?) oder andere Mantren?«
M.: »Weil das Starren ins Licht den Geist nur benommen macht und den Willen nur für den Augenblick lähmt, aber keinen dauerhaften Vorteil bringt. Atemkontrolle betäubt nur während der Übung den Willen. Das Lauschen auf innere Töne hat eine ähnliche Wirkung - außer das Mantra ist heilig und sichert die Hilfe einer höheren Kraft zu, die die Gedanken reinigt und erhebt.«

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