Ein
Besucher fragte: »Was muss ich tun, um Befreiung (moksha) zu
erlangen?«
M.:
»Lerne zu verstehen, was Befreiung ist.«
F.:
»Soll ich dazu Verehrung (upasana) üben?«
M.:
»Verehrung dient der Geisteskontrolle (chitta nirodha) und
der Konzentration.«
F.:
»Kann ich ein heiliges Bild verehren oder ist das schädlich?«
M.:
»Solange du dich für den Körper hältst, ist es nicht schädlich.«
F.:
»Wie kann man den Kreislauf von Geburten und Tode überwinden?«
M.:
»Lerne verstehen, was er bedeutet.«
F.:
»Soll ich nicht meine Frau und meine Familie verlassen?«
M.:
»Haben sie dir etwas getan? Finde zuerst heraus, wer du bist.«
F.:
»Soll man nicht Frau, Vermögen und Heim aufgeben?«
M.:
»Lerne erst verstehen, was samsara bedeutet. Ist das, was du
erwähnt hast, samsara? Gab es nicht Menschen, die so gelebt
und die Verwirklichung erlangt haben?«
F.:
»Was sind die Stufen des praktischen Trainings (sadhana)?«
B.:
»Das hängt von der Fähigkeit und Veranlagung des Suchenden ab.«
F.:
»Ich verehre ein Götterbildnis.«
B.:
»Übe weiter. Es führt zur Konzentration des Geistes. Konzentriere
dich auf eine Sache. Alles wird am Ende gut werden. Die Leute
glauben, dass die Befreiung (moksha)
irgendwo weit weg ist und gesucht werden muss. Sie täuschen sich.
Befreiung (moksha)
ist nur die Erkenntnis des Selbst in dir. Konzentriere dich, und du
wirst es erlangen. Der Kreislauf von Geburten und Tode (samsara)
ist nur in deinem Geist.«
F.:
»Mein Geist ist sehr unstet. Was soll ich dagegen tun?«
B.:
»Richte deine Aufmerksamkeit auf eine einzige Sache und versuche,
ihn dort zu halten. Alles wird gut werden.«
F.:
»Ich finde Konzentration schwierig.«
B.:
Ȇbe weiter und deine Konzentration wird dir so leicht wie das
Atmen fallen. Das wird die Krönung deiner Anstrengung sein.«
F.:
»Sind nicht Fasten und reine Nahrung dabei von Nutzen?«
M.:
»Ja, das alles ist gut.«
Dann
konzentrierte sich der Maharshi und blickte schweigend ins Leere.
Damit gab er dem Besucher ein Beispiel.
F.:
»Muss ich dazu nicht Yoga üben?«
M.:
»Was anderes ist Yoga, als ein Mittel zur Konzentration?«
F.:
»Braucht man für die Konzentration nicht einige solche
Hilfsmittel?«
M.:
»Atemkontrolle usw. sind solche Hilfen.«
F.:
»Kann man eine Erscheinung Gottes haben?«
M.:
»Ja. Du siehst dies und jenes. Warum solltest du nicht auch Gott
sehen? Du musst nur wissen, was Gott ist. Alle sehen beständig Gott,
aber sie wissen es nicht. Finde heraus, was Gott ist. Die Leute sehen
und sehen doch nicht, weil sie Gott nicht kennen.«
F.:
»Soll ich nicht weiterhin heilige Silben wiederholen (mantra
japa) wie den Namen Krishnas oder Ramas, wenn ich Bilder
verehre?«
M.:
»Geistiges japa ist sehr gut. Es hilf zur Meditation. Der
Geist identifiziert sich mit dem wiederholten Wort, und dann erfährst
du, was Verehrung (puja) wirklich ist, nämlich der Verlust
der eigenen Individualität in dem, was man verehrt.«
F.:
»Ist die universelle Seele (paramatma) immer von uns
verschieden?«
M.:
»Das wird allgemein geglaubt, aber es ist falsch. Stelle Sie dir als
nicht von dir verschieden vor. Dann erreichst du die Identität des
Selbst mit Gott.«
F.:
»Lehrt nicht Advaita, eins mit Gott zu werden?«
M.:
»Wo gibt es dabei ein Werden? Der Denkende ist immer die
Wirklichkeit. Allmählich versteht er diese Tatsache. Manchmal
vergessen wir unsere Identität, wie im Tiefschlaf und im Traum. Aber
Gott ist beständiges Bewusstsein.«
F.:
»Ist nicht neben der Bilderverehrung die Führung des Meisters
nötig?«
M.:
»Wie hast du damit begonnen, ohne Anleitung?«
F.:
»Ich weiß davon aus den heiligen Schriften (puranas).«
M.:
»Ja. Jemand oder der Erhabene selbst erzählt dir von Gott. Im
letzteren Fall ist Gott selbst dein Meister. Was spielt es für eine
Rolle, wer der Meister ist? Wir sind in Wirklichkeit eins mit dem
Meister oder mit dem Erhabenen. Der Meister ist Gott. Schließlich
findet man das heraus. Es gibt keinen Unterschied zwischen einem
menschlichen und einem göttlichen Guru.«
F.:
»Wenn wir gute Werke (punya) getan haben, wird hoffentlich
der Lohn nicht ausbleiben.«
M.:
»Du wirst entsprechend deinem Schicksal (prarabdha) ernten.«
F.:
»Ist nicht ein weiser Meister, der uns den Weg zeigt, eine große
Hilfe?«
M.:
»Ja. Wenn du mit der Einsicht, die du hast, weiterarbeitest, dann
wirst du deinem Meister begegnen, da er selbst dich suchen wird.«
F.:
»Gibt es einen Unterschied zwischen Selbsthingabe (prapatti)
und dem Yogaweg der Seher?«
M.:
»Der Weg der Erkenntnis (jnana marga) und der Weg der Hingabe
(bhakti marga) sind ein und dasselbe. Selbsthingabe führt wie
die Ergründung zur Verwirklichung. Völlige Selbsthingabe bedeutet,
dass du keinen Ich-Gedanken mehr hast. Dann sind alle deine inneren
Neigungen (samskaras) ausgelöscht und du bist frei. Weder am
Ende des einen noch des anderen Weges darfst du als ein getrenntes
Wesen weiterleben.«
F.:
»Kommen wir für unsere Taten nicht in den Himmel (svarga)?«
B.:
»Der Himmel ist so wirklich wie dein gegenwärtiges Leben. Wenn wir
aber fragen, wer wir sind, und das Selbst entdecken, wozu brauchen
wir dann noch an den Himmel usw. denken?«
F.:
»Soll ich nicht versuchen, einer Wiedergeburt zu entgehen?«
M.:
»Ja. Finde heraus, wer geboren wurde und wer jetzt Schwierigkeiten
mit dem Leben hat. Wenn du schläfst, denkst du dann an eine
Wiedergeburt oder an das gegenwärtige Leben usw. Also finde heraus,
woher die gegenwärtigen Probleme kommen. Dort liegt auch die Lösung.
Du wirst entdecken, dass es keine Geburt, keine gegenwärtige
Schwierigkeit und kein Unglücklichsein gibt. Alles ist Das. Alles
ist Seligkeit. Wir sind tatsächlich von der Wiedergeburt befreit.
Warum soll man sich über das Elend einer Wiedergeburt Sorgen
machen?«