Herr
Natesa Iyer, Rechtsanwalt in einer südindischen Stadt und orthodoxer
Brahmane, fragte:
F.:
»Sind die Götter Iswara
und Vishnu
und ihre Himmel Kailash
und Vaikuntha
wirklich?«
B.:
»So wirklich wie du in diesem Körper bist.«
F.:
»Haben sie eine phänomenale Existenz wie mein Körper, oder sind
sie reine Erfindungen wie das Horn eines Hasen?«
B.:
»Sie existieren.«
F.:
»Dann müssen sie irgendwo sein. Wo sind sie?«
M.:
»Die Menschen, die sie gesehen haben, sagen, dass sie irgendwo sind.
Wir müssen ihre Behauptung akzeptieren.«
F.:
»Aber wo sind sie?«
B.:
»In dir.«
F.:
»Dann sind sie nur meine Vorstellung, etwas, das ich erschaffen und
kontrollieren kann?«
B.:
»Alles ist so.«
F.:
»Aber ich kann mir etwas ausdenken, das nicht existiert, wie das
Horn eines Hasen oder etwas, das nur teilweise wirklich ist, wie eine
Luftspiegelung, während es auch Tatsachen gibt, die unabhängig von
meiner Einbildungskraft existieren. Gehören die Götter Iswara
und Vishnu
dazu?«
B.:
»Ja.«
F.:
»Ist Gott der kosmischen Auflösung (pralaya) unterworfen?«
B.:
»Warum sollte Er das sein? Ein Mensch, der sich des Selbst bewusst
wird, überschreitet die kosmische Auflösung (pralaya)
und ist befreit (mukta).
Warum sollte es mit Iswara
(Gott), der unendlich viel weiser und fähiger als ein Mensch ist,
anders sein?«
F.:
»Dann existieren Götter (devas) und Dämonen (pisachas)
ebenso?«
B.:
»Ja.«
F.:
»Wie können wir uns das höchste göttliche Bewusstsein (Chaitanya
Brahman) vorstellen?«
B.:
»Als das, was es ist.«
F.:
»Sollen wir es uns als aus sich selbst strahlend vorstellen?«
M.:
»Es überschreitet Licht und Dunkelheit. Ein Individuum (jiva)
sieht beides. Das Selbst erleuchtet das Individuum, damit es Licht
und Dunkelheit wahrnehmen kann.«
F.:
»Soll man es als ›Ich bin nicht der Körper, noch der Handelnde,
noch der Genießende usw.‹ verwirklichen?«
M.:
»Wozu diese Gedanken? Denken wir jetzt etwa, dass wir Menschen sind
usw. Hören wir etwa auf, Menschen zu sein, wenn wir es nicht
denken?«
F.:
»Sollte man es dann durch die Worte der heiligen Schrift, wie etwa:
›Dort gibt es keinen Unterschied‹ verwirklichen?«
M.:
»Wozu selbst das?«
F.:
»Genügt es zu denken: ›Ich bin das Wirkliche‹?«
M.:
»Alle Gedanken sind mit der Verwirklichung unvereinbar. Richtig ist,
alle Gedanken über uns sowie alle anderen Gedanken auszuschließen.
Denken ist das Eine – Verwirklichung ist etwas ganz anderes.«
F.:
»Ist es nicht nötig oder zumindest von Vorteil, den Körper
unsichtbar zu machen, wenn man sich spirituell weiterentwickelt?«
B.:
»Warum denkst du daran? Bist du der Körper?«
F.:
»Nein, aber eine fortgeschrittene Spiritualität muss auch eine
körperliche Veränderung bewirken, oder etwa nicht?«
B.:
»Welche körperliche Veränderung wünschst du dir und warum?«
F.:
»Ist Unsichtbarkeit nicht ein Beweis für fortgeschrittene Weisheit
(jnana)?«
B.:
»In diesem Fall müssten all jene, die für andere sichtbar
sprachen, schrieben und lebten, als Unverwirklichte (ajnanis)
betrachtet werden.«
F.:
»Aber die Weisen Vasishta
und Valmiki
besaßen solche Kräfte.«
B.:
»Vielleicht war es ihre Bestimmung (prarabdha),
solche Kräfte (siddhis)
neben ihrer Weisheit (jnana)
zu entwickeln. Warum willst du nach dem streben, was unwesentlich ist
und leicht zu einem Hindernis für die Weisheit (jnana)
werden kann? Fühlt sich denn der Weise (jnani)
durch die Sichtbarkeit seines Körpers geknechtet?«
F.:
»Nein.«
B.:
»Ein Magier kann sich plötzlich unsichtbar machen. Ist er deshalb
ein Weiser (jnani)?«
B.:
»Nein.«
F.:
»Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit beziehen sich auf denjenigen, der
sieht. Wer ist er? Löse zuerst diese Frage. Andere Fragen sind
unwichtig.«
F.:
»In den Veden
gibt es widersprüchliche Schöpfungsberichte. Einmal heißt es, dass
der Äther zuerst erschaffen wurde. An anderen Stellen werden
Lebensenergie (prana),
Wasser oder noch etwas anderes genannt. Wie kann man das alles unter
einen Hut bringen? Macht das nicht die Veden
unglaubwürdig?«
B.:
»Verschiedene Seher haben zu unterschiedlichen Zeiten verschiedene
Aspekte der Wahrheit wahrgenommen, wobei jeder einen bestimmten
Standpunkt betonte. Warum kümmern dich ihre widersprüchlichen
Aussagen? Das eigentliche Ziel der Veden
ist, uns die Natur des unvergänglichen Selbst (atman)
zu lehren und aufzuzeigen, dass wir DAS sind.«
F.:
»Mit diesem Teil bin ich zufrieden.«
B.:
»Dann betrachte den Rest als Hilfsargumente oder Erklärungen für
die Unwissenden, die die Ursache der Dinge erkennen möchten.«
F.:
»Ich bin ein Sünder und erfülle keinerlei religiöse Riten (homas)
usw. Werde ich deswegen schlimme Wiedergeburten haben? Bitte, rette
mich!«
B.:
»Warum sagst du, du seist ein Sünder? Vertrauen auf Gott genügt,
um dich vor Wiedergeburten zu bewahren. Wirf deine ganze Last auf
Ihn.
Im
Tiruvasagam
steht: ›Obwohl ich schlechter als ein Hund bin, hast Du es gnädig
auf Dich genommen, mich zu beschützen. Du bist es, der die Illusion
von Geburt und Tod aufrecht erhält. Ist es meine Aufgabe, zu
urteilen? Bin ich hier der Herr? O Maheswara (allmächtiger Gott), es
ist Deine Aufgabe, mich durch viele Körper kreisen zu lassen oder
mich zu Deinen Füßen zu behalten.‹ Deshalb habe Vertrauen. Das
wird dich retten.«
F.:
»Herr, ich habe Vertrauen – trotzdem habe ich Schwierigkeiten.
Nachdem ich Konzentration geübt haben, werde ich schwach und leichtfertig.«
M.:
»Richtig ausgeführte Atemkontrolle (pranayama)
sollte stärkend wirken.«
D.:
»Ich bin berufstätig, möchte aber in ständiger Meditation
(dhyana)
verweilen. Ist das ein Widerspruch?«
M.:
»Nein. Indem du beides tust und deine Kräfte entfaltest, wirst du
fähig, dich beidem zu widmen. Du wirst anfangen, deine berufliche
Tätigkeit wie ein Traum zu betrachten. In der Bhagavad
Gita
II, 69 heißt es: ›Das, was für alle Wesen Nacht ist, ist für den
disziplinierten Menschen die Zeit aufzuwachen. Wenn andere wachen,
ist es für den sehenden Weisen Nacht.‹«